Inga Kerber lässt Vielfalt erblühen
Inga Kerber zeigt, wie Slowflowering Städte belebt. Ihre Energie inspiriert.
Christian führt eine Leipziger Feinbäckerei in dritter Generation – und verwandelt jede Nacht Mehl und Wasser in Leipziger Traditionsgebäck.
Es ist 3 Uhr morgens. Die Oststraße liegt im Dunkeln, nur ein Licht flackert hinter der Scheibe von Hausnummer 100. Drinnen: Wärme, Bewegung und Mehl in der Luft. Viele Hände, die formen, flechten, rollen. Der große Elektroofen läuft auf Hochtouren und auf den Werktischen geht der erste Schwung Brotteig auf. Mittendrin ist Christian Wissel. Konditormeister, Bäcker und Unternehmer – einer, der Leipzig jeden Morgen aufs Neue mit frischem Backwerk und Energie versorgt.
In Auslage der Leipziger Feinbäckerei ist für jeden was dabei.
Draußen bildet sich eine kleine Schlange. Die Auslage verspricht für jeden etwas. Radfahrer halten kurz an, Pendler nehmen sich die ofenfrischen Brötchen und Teilchen mit auf den Weg. Wer hier einkauft, kennt nicht nur die Produktpalette, sondern auch die Menschen hinter dem Tresen. Denn in Christians Feinbäckerei geht es nicht nur ums Backen, sondern ums Miteinander. Um ein freundliches „Wie immer?“. Um ein Lächeln, das wärmt. Um den gemeinsamen Schluck Filterkaffee. „Viele kommen täglich. Wenn jemand mal fehlt, merken wir das sofort“, sagt Katja Wissel, die das „Backoffice“. leitet. Sie kümmert sich um das Drumherum und kennt als gute Seele die Vorlieben der Kundinnen und Kunden ebenso wie der Nachbarn, für die schon mal die Wochenbestellung zur Seite gelegt wird. „Ohne Katja würde hier einfach etwas fehlen“, sagt Christian. „Wir ziehen das zusammen durch."
Was hier in der Backstube entsteht, ist echte Teamarbeit. Elf Menschen, die sich blind verstehen. Jeden Morgen entsteht so eine Choreografie aus Handwerk, Routine und Hingabe. „Wir backen viel Traditionelles wie Quarkgebäck oder verschiedene Brotsorten – aber auch neue Sachen.“ Die Idee für die Nougat-Lerche kam zum Beispiel von Kefeeh, einem der vier Bäcker im Familienbetrieb.
Christian Wissel backt Leipziger Lerchen.
Mehl aus sächsischen Mühlen, Butter vom Land, Eier aus der Region. „Sultaninen wachsen hier zwar nicht", sagt Christian und lacht. „Aber der Rest? So regional wie möglich." Was so gut ist, will auch entsprechend verarbeitet werden. Gebacken wird komplett von Hand. Jedes Gebäckstück erzählt eine Geschichte. Dass da Leidenschaft und Tradition drinstecken, schmeckt man.
Christian und Katja Wissel
Nicht nur wegen des Umsatzes. Es zeigt, dass echtes Handwerk bei den Menschen ankommt. „Wenn wir aus der Bäckerstube über die Auslage sehen und merken, dass jemand lächelt, gibt uns die Energie zurück“, sagt Christian. „Das gibt Kraft.“ Und die braucht er auch. Um 13 Uhr ist Feierabend. Die Bäckerstube hat ganze Arbeit geleistet. Nach einem kurzen Heimweg und einem wohlverdienten Mittagsschlaf geht es weiter. Zum Sport, um den Kopf frei zu kriegen und Kraft für den nächsten Tag zu tanken. Denn auch wenn er der Chef ist, ist er jeden Tag da. „Ich mache das nicht für mich. Ich mache das für meine Leute. Für das Viertel. Für Leipzig.“
Seit über 45 Jahren ist die Feinbäckerei Wissel nun in Familienbesitz. Zunächst führte der Großvater das Geschäft, dann der Vater und nun Christian. „Ich will, dass das so bleibt. Dass man hier reinkommt und spürt: Hier steckt etwas Echtes drin.“ Und genau das macht ihn für uns zur Energiequelle. Nicht nur wegen seiner Backkunst und der unbeschreiblich leckeren süßen Teilchen. Sondern auch, weil er zeigt, was unsere Stadt ausmacht: Vielfalt. Nähe. Leidenschaft. Zusammenhalt. Davon können wir in unserer Region nicht genug haben. Diese Energie lieben wir!