Pertzsch ist einer von acht Millionen. Der ehemalige Kanalwerker der Leipziger Wasserwerke plagte sich lange mit anhaltenden Bauchschmerzen und zunehmender Erschöpfung, bis im Jahr 2000 die erschütternde Diagnose kam: Morbus Crohn. Eine schwere Autoimmunkrankheit, die chronisch ist und den Darm dauerhaft schädigt. Für den 40-Jährigen damals wie ein Halt auf freier Strecke – privat wie beruflich. Mitten im Berufsleben Gefahr zu laufen, aufs Abstellgleis geschoben zu werden: unvorstellbar für den tatkräftigen, lebenslustigen Mann. 22 Jahre nach der Diagnose ist Pertzsch Konzernschwerbehindertenvertreter und macht sich gemeinsam mit Betriebsräten aus ganz Deutschland für eine
inklusive Arbeitswelt stark. Seit zwölf Jahren kämpft der gebürtige Bad Dübener für die Belange von Menschen, die sich mit und trotz Handicaps im Arbeitsalltag beweisen. „Was für mich zählt, ist die Arbeitseinstellung: Bin ich bereit, meine Fähigkeiten und Kompetenzen einzubringen? Nur weil man durch eine Krankheit ausgebremst wird, verliert man ja nicht seine Qualifikation, Loyalität oder Bedürfnis nach
Teilhabe. Jeder hat eine
Chance verdient – ob mit oder ohne Handicap“, sagt Pertzsch.
Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er mit der Geschäftsführung der Leipziger Gruppe eine Inklusionsvereinbarung ausgehandelt, die in Deutschland ihresgleichen sucht. „Sie hat das Ziel, die berufliche Zukunft aller Mitarbeiter des Konzerns abzusichern – auch bei einer negativen gesundheitlichen Entwicklung. Sie nimmt Chefs und Personalentwickler in die Pflicht, die Leistungen und Fähigkeiten sogenannter leistungsgewandelter Beschäftigter zu berücksichtigen. Sie soll bei der Wiedereingliederung, Arbeitsplatzgestaltung, Weiterbildung und Nachteilsausgleichen helfen und ein klares Signal gegen Ausgrenzung und für Toleranz aussenden: Bei der Leipziger Gruppe ist jeder Arbeitnehmer willkommen – unabhängig von seinem Status!“ Diesen Satz unterstreicht Michael M. Theis, Sprecher der Geschäftsführung und Arbeitsdirektor der Leipziger Gruppe: „Inklusion bedeutet, Chancen zu sehen und zu geben. Inklusion ist Teil unserer Unternehmensphilosophie und damit eine langfristige Investition in die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens.“ Für Theis und Pertzsch sind flexible Arbeitszeiten, Sonderurlaub, Arbeitsassistenz, Tandem-Lösungen, Mentoren-Programme, Supervision, Rehabilitation ebenso selbstverständlich wie Respekt.