Glück für die Zwiebel

von Leipziger Leben | 30.07.2020

Wenn der Chef überlegt, einen Charterflug zu mieten, und Wohnungen komplett neu herrichtet, dann müssen das schon besondere Zeiten für das Wassergut Canitz sein. Doch zurück zum Anfang.

Mehrere Personen stehen um einen Jäteflieger herum auf einem Feld.
Zwei Erntemaschinen fahren über ein Zwiebelfeld.

Dieses Jahr gibt es zwei Zwiebelfelder, also insgesamt 20 Hektar auf denen die Frauen Unkraut zupfen.

Nur 25 Kilometer vor den Toren Leipzigs befindet sich ein Paradies der ökologischen Landwirtschaft – weidende Kühe, artenreiches Grünland und gesunde Böden. Seit über 25 Jahren erzeugt das Wassergut Canitz pflanzliche und tierische Ökoprodukte. Wichtigstes Ziel dabei ist der Schutz der Trinkwasserressourcen in der Region. Doch so eine große Fläche muss erst mal bewirtschaftet werden. Und so haben die Mitarbeiter des Wasserguts, das zu den Leipziger Wasserwerken gehört, jede Saison alle Hände voll zu tun. Da dürfen es auch ruhig ein paar mehr sein. Deshalb kommen normalerweise 13 bis 15 polnische Saisonarbeiter – allesamt Frauen – acht Wochen lang zur Unterstützung, um das störende Unkraut auf den Zwiebelfeldern zu entfernen. Weil auf die Äcker keine Zusätze kommen, wird zwischen den Zwiebelreihen maschinell gehackt und die Pflege in den Reihen erfolgt vom Jäteflieger aus per Hand. „Die Frauen liegen den ganzen Tag bäuchlings auf der Maschine und entfernen das Unkraut. Das ist richtig harte Arbeit und erfordert Geschick, denn Unkraut und Zwiebelpflänzchen dürfen nicht verwechselt werden“, erklärt Dr. Bernhard Wagner, Geschäftsführer der Wassergut Canitz GmbH. Doch dieses Jahr wäre durch Corona fast alles anders gekommen. „Für die polnischen Saisonarbeiterinnen war lange Zeit unklar, ob und wie sie im Mai zu uns kommen können. Zwischenzeitlich haben wir wirklich in Betracht gezogen, sie einfliegen zu lassen“, so Wagner weiter.

Gute Vorbereitung ist alles

Mehrere Personen liegen auf dem Jäteflieger.

Insgesamt sechs Frauen passen auf einen Jäteflieger.

Nach langem Bangen kamen die 13 Frauen am 10. Mai dann doch mit dem Bus in Canitz an. Eine von ihnen ist Teamleiterin Wieslawa Rakowska, die bereits seit 18 Jahren jede Saison zum Wassergut kommt: „Klar haben wir uns am Anfang Sorgen gemacht. Aber es muss ja trotzdem weitergehen und Dr. Wagner und sein Team haben wirklich alles dafür getan, dass wir uns trotz Corona wohlfühlen. Die Arbeitsbedingungen sind hier wirklich gut.” Vor allem bei den Unterkünften legte man noch Hand an. Um ausreichend Einzelschlafplätze zu schaffen, wurden kurzerhand zwei leerstehende Wohnungen im Verwaltungsgebäude für die Saisonarbeiterinnen hergerichtet. Außerdem gab es eine neue Küche und eine neue Waschmaschine. An anderer Stelle musste weniger Aufwand betrieben werden. So gibt es ohnehin jedes Jahr eine Hygieneunterweisung sowie genügend Desinfektionsmöglichkeiten während der Arbeit. Neu waren dagegen die Trennwände auf den solarbetriebenen Jätefliegern.

Dr. Bernhard Wagner steht auf einem Feld und schaut in die Ferne.

Dr. Bernhard Wagner ist stolz auf das, was er und sein Team erreicht haben.

Ein wenig ist Dr. Bernhard Wagner die Erleichterung anzumerken. Für dieses Jahr haben es die Saisonarbeitskräfte mit den Zwiebeln geschafft. „Es mag banal klingen und der Aufwand, den wir hier betreiben, mag manch einen verwundern. Aber das Wachstum der Pflanzen, unsere Ernte und damit zuallererst der Schutz der Böden und des Grundwassers sind von diesen fleißigen Menschen abhängig. Mit Maschinen wäre das nicht zu machen und mit chemischen Pflanzenschutzmitteln, die im konventionellen Zwiebelanbau Standard sind, arbeiten wir prinzipiell nicht“, erklärt er.

Felder und eine kleine Ortschaft von Oben

800 Hektar Fläche – das sind mehr als 1.000 Fußballplätze – nutzt das Wassergut Canitz.

800 Hektar Land bewirtschaftet das Unternehmen im Einzugsgebiet der Wasserwerke mit Getreiden, Kartoffeln, Erbsen, Bohnen und Zwiebeln. Über ausgeklügelte Fruchtfolgen werden beispielsweise die Qualität der Böden und die Einträge ins Grundwasser beeinflusst. „Über die Jahre haben wir hier eine hervorragende Grundwasserqualität geschaffen – und damit die beste Basis für das Trinkwasser in Leipzig und der Region. Einen großen Teil dazu beigetragen haben auch dieses Jahr wieder unsere polnischen Saisonkräfte. Einmal mehr gilt unser Dank sowie der Respekt diesen Frauen. Nach all den Jahren sind wir zu einem Team zusammengewachsen und meistern jede Krise.“ Als Dankeschön für die Saison gab es ein Grillfest für alle. Mit Abstand, versteht sich.

Übrigens: Die Zwiebeln und Kartoffeln des Wasserguts Canitz gibt es ab Herbst auch wieder im Unverpacktladen „Locker und Lose“ auf der Josephinenstraße in Leipzig zu kaufen.

Dieser Artikel erschien im Leipziger Leben 02/2020.

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