Mit dem Rad in Bahn und Bus: Die LVB testen neues Angebot
von Simone Liss | 25.07.2022
von Catrin Kultscher | 10.03.2025
Seit über 150 Jahren rollt die Straßenbahn nun schon durch Leipzig und schreibt LVB-Geschichte. Waren es ab 1872 zunächst die Pferde, die die Leipziger durch die Stadt brachten, fahren die Straßenbahnen seit 1896 elektrisch auf den Straßen der Stadt.
Dieser Beitrag wurde am 10.03.2025 aktualsiert.
Ein spannendes Buch des Leipziger Autors Helge-Heinz Heiner erzählt Straßenbahn- und Stadtgeschichten. Denn rund um die Leipziger Straßenbahn gibt es viele Geschichten zu erzählen. Es sind Geschichten von den Menschen hier. Nachlesen kann man sie in der Festschrift „150 Jahre Straßenbahn für Leipzig – Nahverkehr im Rhythmus der Großstadt“, die anlässlich des Straßenbahnjubiläums 2022 erschienen ist.
Aufgeschrieben hat die Geschichten Helge-Heinz Heinker, freier Autor und Journalist, der sich leidenschaftlich mit der Leipziger Straßenbahn- und damit mit der LVB-Geschichte beschäftigt. An seiner Seite hat Rolf-Roland Scholze, LVB-Mitarbeiter, Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Historische Nahverkehrsmittel Leipzig und ebenso unermüdlicher Straßenbahnfan, in intensiver Recherche viele zum Teil noch nicht veröffentlichte Bilder aus 150 Jahren gefunden, die einen ganz neuen Blick auf Leipzig ermöglichen.
Helge-Heinz Heinker verfolgt seit vielen Jahren mit großem Interesse die Leipziger Straßenbahngeschichte und bringt sie in der Festschrift zu Papier: „In heutigen Zeiten steter Beschleunigung klingt es etwas seltsam, aber die Pferdebahn ermöglichte 1872 einen deutlichen Sprung beim Tempo des Stadtverkehrs. Fahrräder gab es zu dieser Zeit noch nicht. Wer jedoch als Fußgänger auf die Pferdebahn umstieg, machte damals mächtig Zeit gut.“
Und der nächste Schritt in der Leipziger „Straßenbahn-Evolution“ folgte nur kurze Zeit später. „Die elektrische Straßenbahn revolutionierte 1896 den Stadtverkehr nicht etwa zu einer Zeit, als der elektrische Strom bereits weit vorgedrungen war. Im Gegenteil, die Straßenbahn bedeutete eine der ersten großtechnischen Anwendungen für den elektrischen Strom. Insofern war der Wechsel von der Pferdebahn zur elektrischen Straßenbahn ein mutiger, durchaus gewagter Schritt – und eine risikofreudige Investitionsentscheidung“, betont der Autor.
Straßenbahn um 1912
Der Bau des Leipziger Hauptbahnhofs 1909 bis 1915 war DAS Ereignis der Leipziger Verkehrsgeschichte. Doch ohne die gleichzeitige großzügige Umgestaltung des Vorplatzes hätte die riesige Verkehrsstation ihre Vorzüge nie komplett ausspielen können. Der Hauptbahnhof und sein Vorplatz mit den Straßenbahnen und Linienbussen gehören historisch und funktional zusammen oder wie Festschrift-Autor Heinker es ausdrückt: „Sie sind das schönste Geschwisterpaar der Leipziger Verkehrsgeschichte.“
Wo immer in Leipzig in früheren Zeiten eine Straßenbahn im Spiel war, fuhr auch das Leipziger Wappentier, der Löwe, mit – als Wappenschmuck an den Fahrzeugen. „Doch die innigste Begegnung zwischen Straßenbahn und Löwen fand im Oktober 1913 nach den Hundertjahrfeiern der Völkerschlacht statt“, erzählt Helge-Heinz Heinker. „Auf dem Weg zur Bahnverladung büxten sechs Zirkuslöwen aus und einer von ihnen hatte offensichtlich Gefallen an der planmäßigen Straßenbahn aus Richtung Mockau gefunden. Weil die herbeigerufene Polizei hochgradig nervös reagierte, endete der kurze Sprung in die Freiheit fatal für die Löwen.“
Die äußeren Umstände für den Einstieg in die gleichberechtigte Teilnahme von Frauen am Erwerbsleben 1916 waren eher bedrückend, aber das Ergebnis blieb unumkehrbar: Im ersten Weltkrieg rückten Frauen anstelle der Männer, die zum Kriegsdienst eingezogen waren, in den Straßenbahnen auf Arbeitsplätze vor, die ihnen bis dahin versagt waren. Erst mussten sich die Fahrgäste an Schaffnerinnen gewöhnen und bald schon standen Frauen auch an den Kurbeln der Führerstände. Das war Emanzipation im Stadtverkehr!
„Die zaghafte Wiederaufnahme des Leipziger Straßenbahnbetriebs nach dem Zweiten Weltkrieg ab dem 27. April 1945 setzte für die Menschen ein willkommenes Hoffnungszeichen nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs“, stellt Heinker fest. „Auch wenn gelegentlich der Strom ausfiel und noch nicht jede Sperrholztafel wieder gegen die Verglasung in den Fahrzeugen ausgetauscht war – das friedliche Leben kam endlich in Gang und die Rolle, die dabei von der Leipziger Straßenbahn übernommen wurde, ist nicht hoch genug zu bewerten.“
Leipziger Straßenbahn in den Sechziger- und Siebzigerjahren.
Der Weg zur Massenmotorisierung blieb in der DDR aus vielerlei Gründen versperrt. Umso wichtiger war die Funktion der Leipziger Straßenbahn für das urbane Leben und seinen geordneten Rhythmus – insbesondere während der Messen, der zahlreichen Kongresse und zu den Sportfesten. Ohne Sonderlinien lief da gar nichts.
In der Leipziger Straßenbahngeschichte beginnt 1969 die Generation Tatra. Die Festschrift wendet sich auch an technisch Interessierte, die sich näher über den überaus vielgestaltigen Fahrzeugpark der Leipziger Straßenbahn informieren wollen. Rolf-Roland Scholze, der neben den Bilderschätzen die Festschrift zu 150 Jahren Straßenbahn mit einem enormen technischen Know-how bereichert, erklärt: „Ob mit Einzelfahrzeugen, den speziell für den Leipziger Bedarf abgeleiteten Beiwagen, den Großzügen oder den Gelenktriebwagen – die Tatras aus der Tschechoslowakei waren allgegenwärtig. Und sie trugen, weil die S-Bahn lange Zeit nur ein großes Provisorium blieb, die Hauptlast des Leipziger Stadtverkehrs. Kein anderer Straßenbahnbetrieb verfügte über eine größere Tatra-Flotte als die LVB.“
Ganz Ostdeutschland ist im Wandel. Die deutsche Einheit wird vollzogen und der Alltag 1990 ist nicht wiederzuerkennen. Wirtschaft und Verkehr geraten in Bewegung. Starke kommunale Betriebe gewannen eine enorme Bedeutung für das Gemeinwesen. Die LVB waren wieder ein Unternehmen im Eigentum der Stadt. Kräftige Investitionen haben die Weichen für den Stadtverkehr der Zukunft gestellt.
„Die LVB nahmen 1994 die ersten Neubeschaffungen ihres Fahrzeugparks in Betrieb. Nicht der Einsatz gebrauchter Fahrzeuge von westdeutschen Partnern beschrieb die Strategie, sondern die Orientierung auf Niederflurigkeit, gutes Beschleunigungsvermögen und Energieeffizienz, auch wenn dafür zwangsläufig höhere Anfangsinvestitionen erforderlich waren“, weiß Helge-Heinz Heinker zu berichten. „Doch die LVB standen ja nun in einem täglichen Wettbewerb mit dem Individualverkehr und den konnten sie nur mit einem attraktiven Angebot gewinnen.“
Die Gegenwart der Straßenbahn für Leipzig steht im Zeichen der Verkehrswende. Höhere Umweltstandards, Energiewende und Digitalisierung, der Bedeutungszuwachs des ÖPNV und der geschäftige Rhythmus der wachsenden Stadt Leipzig bilden ein Bündel an Herausforderungen.
LVB-Jubiläumsbahn
Leipzig bleibt eine Straßenbahnstadt mit einer guten und sicheren Zukunft. 1872 zeigte sich die Straßenbahn den Ansprüchen der jungen Großstadt Leipzig gewachsen und heute ist sie unverzichtbarer Bestandteil des urbanen Lebens der Großstadt Leipzig. Nach über 150 Jahren Straßenbahn für Leipzig gilt: Die Leipziger Straßenbahn hat im Laufe der bewegten LVB-Geschichte viele Herausforderungen gemeistert und sie ist bereit, nach entsprechenden Investitionen eine Schlüsselrolle in der dringend gebotenen Verkehrswende zu übernehmen.
Straßenbahngeschichte live erleben kann man im Straßenbahnmuseum Leipzig, betrieben von der Arbeitsgemeinschaft Historische Nahverkehrsmittel Leipzig. Von Mai bis September stehen dort jeden dritten Sonntag im Monat die Türen offen. Erster Öffnungstag ist der 18. Mai und auch zur Museumsnacht am 10. Mai heißt es, hereinspaziert in die Leipziger Nahverkehrsgeschichte. Das Buch "150 Jahre Straßenbahn für Leipzig – Nahverkehr im Rhythmus der Großstadt" ist im Museumsshop online erhältlich.
Straßenbahnmuseum LVB